V-Check: So geht Steueroptimiert vererben | NOZ (2024)

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Das V-CHECK Glossar Die wichtigsten Begriffe für alle, die ihr Geld gut anlegen wollen

Pflichtteile und Steuerfreibeträge beachten

„Es ist wichtig rechtzeitig über diese Themen nachzudenken, da in solch einem Fall die unterschiedlichen Optionen sowohl juristisch, steuerlich und von der operativen Umsetzbarkeit zu prüfen sind“, rät Michael Löbbel von der Spiekermann & CO AG in Osnabrück. Denn gerade, wenn nicht die gesetzlich vorgesehenen Erben an erster Stelle stehen sollen, gilt es einiges zu beachten. Nach deutschem Recht (s. unten) steht ihnen ein Pflichtteil zu. Bekommt jemand weniger als die Hälfte dessen, was ihm nach der gesetzlichen Erbregelung zustünde, kann geklagt werden.

Wenn die eigene Vermögensnachfolge nicht in einem Hauen und Stechen vor Gericht enden soll, macht es Sinn, den letzten Willen vorausschauend und am besten mit fachkundiger Unterstützung zu planen. Das gilt ganz besonders, wenn jemand außerhalb der engsten Verwandtschaft großzügig bedacht werden soll. „Zu beachten ist in diesem Fall auch, ob die steuerlichen Folgen sinnvoll sind“, erklärt Spiekermann-Experte Michael Löbbel. Denn während zum Beispiel für eigene Kinder großzügige Freibeträge von 400.000 Euro bei Schenkungen und Erbschaften gelten, sind bei einem guten Freund oder einer Freundin lediglich 20.000 Euro steuerfrei übertragbar. „Darüber geht ein beträchtlicher Teil an das Finanzamt“, warnt Löbbel.

Freibeträge bei Erbschafts- und Schenkungssteuer

Verwandschaftsgrad Steuerklasse Freibetrag
Ehegatten, Lebenspartner I 500.000 €
Kinder, Enkelkinder (wenn deren Eltern verstorben sind), Stiefkinder, Adoptivkinder I 400.000 €
Enkelkinder I 200.000 €
Eltern, Großeltern, Nichten/ Neffen, Geschwister II 20.000 €
Nicht verwandte Erben/Beschenkte III 20.000 €

Quelle: Steuerklassen.com

Übersicht Steuerklassen Erbschafts- und Schenkungssteuer

Höhe des Erbes in € Steuersatz Steuerklasse I Steuersatz Steuerklasse II Steuersatz Steuerklasse III
Bis zu 75.000 7 15 30
Bis zu 300.000 11 20 30
Bis zu 600.000 15 25 30
Bis zu 6 Mio. 19 30 30
Bis zu 13 Mio. 23 35 50
Bis zu 26 Mio. 27 40 50
Mehr als 26 Mio. 30 43 50

Quelle: Steuerklassen.com

Vermögensituation analysieren

„In der Regel sind es Kinder, die nicht den Vorstellungen des Erblassers als Vermögensnachfolger genügen“, sagt Michael Löbbel. Ein vollständiges Enterben der Nachkommen ist aber nur in Ausnahmefällen möglich, etwa bei verurteilten schweren Straftätern oder wenn das Leben des Erblassers nachweislich von der Person bedroht wurde. „Soll ein gesetzlich Erbberechtigter möglichst keine Rolle mehr spielen, macht es im Normalfall meiner Erfahrung nach Sinn, trotz aller Probleme nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen“, erklärt Michael Löbbel.

Zum Beispiel gegen eine Abschlagszahlung einen Erbverzicht auszuhandeln oder testamentarische Regelungen so zu treffen, dass die Anteile bewusst ein Stück über den Pflichtteilsansprüchen liegen. Das sorgt für Klarheit und beugt juristischen Auseinandersetzungen vor, die sonst nicht nur viel Ärger für die Hinterbliebenen bedeuten, sondern am Ende auch viel Geld kosten können. „Wer seine Vermögensstruktur frühzeitig anpasst und die alle zehn Jahre auflebenden Schenkungssteuerfreibeträge nutzt, kann zusätzlich zu einem Testament die Dinge im eigenen Sinne vorausschauend gestalten“, erklärt Spiekermann-Vermögensverwalter Michael Löbbel.

Nutze den Tag!

Denn neben steuerlichen Aspekten ist es auch wichtig, für sich selbst zu klären, auf welche Werte zum Beispiel für die Altersvorsorge verzichtet werden kann. Vermögen wie Immobilien oder Wertpapierdepots können etwa per Nießbrauch schon heute übertragen werden, während sich der Schenkende ein Wohnrecht oder die Erträge lebenslang vorbehält. Außerdem gilt es in Zeiten relativ hoher Inflationsraten zu prüfen, ob Erspartes für nachfolgende Genrationen wirklich wertstabil genug angelegt ist.

Ein Vermögen etwa auf einem Sparbuch für die Enkelkinder in 20 Jahren zu sammeln, macht bei Zinserträgen, die derzeit deutlich unterhalb der Kaufkraftverluste liegen, nur wenig Sinn. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die Sicherstellung des letzten Willens nicht bis zum Schluss aufgeschoben werden sollte. Am besten werden mit Weitblick, schon Jahrzehnte vor dem eigenen Ableben, die richtigen Weichen gestellt. Da in der Regel keiner weiß, wann es so weit ist, gilt auch hier das „Carpe diem“-Motto des Dichters Horaz, besser den Tag zu nutzen und nichts auf morgen zu verschieben.

Grundsätze der gesetzlichen Erbfolgeregelung

Werden keine anderen Regelungen etwa über ein Testament oder einen Erbvertrag getroffen, erben in Deutschland zunächst der Ehepartner und die Kinder. Wie hoch genau die jeweiligen Anteile sind, hängt vom Güterstand der Ehe ab. Der Standardfall: Es stirbt ein Vater von zwei Kindern, der keinen Ehevertrag hatte und mit seiner Ehefrau in Zugewinngemeinschaft lebte. Hier erbt die Frau in der Regel die Hälfte des Vermögens und die Kinder jeweils ein Viertel. Die jeweilige Hälfte dieser Erbteile gelten als Pflichtteil, der grundsätzlich eingeklagt werden kann, selbst wenn in einem Testament steht, der Anteil sei geringer oder jemand sei enterbt.

Gibt es keine Kinder und auch keine Enkel wird es komplizierter bei der Erbfolge. Dann werden die Eltern des Verstorbenen mitbedacht oder falls es die nicht mehr gibt auch Geschwister oder im nächsten Schritt Neffen und Nichten. Im Prinzip wird immer nach dem verbliebenen engsten Verwandten gesucht, sollte dieser bereits verstorben sein, rücken dessen Nachkommen an seine Stelle. Gibt es niemanden dieser Ordnung, rücken weiter entfernte Grade nach, also im nächsten Schritt die Großeltern des Erblassers, Onkel und Tanten oder Cousins und Cousinen. Findet sich gar niemand, erbt am Ende übrigens der Staat, wenn nichts anderes bestimmt wurde.

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Interview: „Nießbrauch lässt sich auch für Wertpapiere nutzen“

von Finanzjournalist Florian Junker

Nicht nur Immobilien können zu Lebzeiten steuergünstig mit Ertragsvorbehalt verschenkt werden. Dieses Konstrukt eignet sich auch für Depots, um die Vermögensnachfolger heranzuführen. Das erklärt Michael Löbbel von der Vermögensverwaltung Spiekermann & CO AG in Osnabrück.

Bei Immobilien kennen viele den sogenannten Nießbrauch. Funktioniert das auch bei anderen Vermögenswerten?

Michael Löbbel:Die Grundidee bei diesem Konstrukt ist, dass die Substanz des Eigentums bereits an die nächste Generation weitergegeben wird, Steuerfreibeträge genutzt werden, sich aber die Schenkenden die Nutzung der Erträge vorbehalten. Das funktioniert nicht nur bei Immobilien, bei denen dadurch zum Beispiel ein lebenslanges Wohnrecht oder die Verfügung über Mieteinahmen abgesichert wird. Tatsächlich kann das, am besten mit der Hilfe eines Fachanwalts, auch für Wertpapierdepots genutzt werden. Das heißt Aktien, Fonds und Anleihen werden verschenkt, aber die Erträge wie Dividenden, Ausschüttungen und Zinsen stehen weiter dem Schenkenden zu.

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Welche Vorteile hat so ein Wertpapiernießbrauch noch?

Löbbel:Zunächst kann der Beschenkte nicht einfach alles verkaufen und ausgeben oder in hochriskante Investments stecken. Denn die Kontrolle der Verwaltung bleibt in der Regel zu Lebzeiten des Schenkenden in bewährten Händen und eine Entnahme ist nur mit dessen Zustimmung möglich. Dem Schenker steht auch ein Mitspracherecht bei der Umschichtung und Wiederanlage des Depotvermögens zu. Außerdem stehen die Erträge weiter für die Altersvorsorge zur Verfügung und haben noch dazu einen spürbaren steuerlichen Effekt. Im Prinzip wird der Bemessungswert der Schenkung um den prognostizierten Wert des Nießbrauchvorbehalts gemindert.

Klingt kompliziert, aber eigentlich wird hier nur ausgerechnet, welche Summe bis zum statistischen Erbfall wahrscheinlich an Erträgen zusammenkommt und teilweise vom übertragenen Vermögen abgezogen. Letztendlich führt das dazu, dass deutlich größere Vermögenswerte ohne Steuerabzug übertragen werden können, gerade wenn der Schenkende noch eine hohe Lebenserwartung hat. Auf Seite des Beschenkten ist ein großer Vorteil, dass mit dem Übertrag der Substanz auch zukünftige Wertsteigerungen bereits schenkungssteuerfrei sind.

Michael Löbbel, Vermögensverwalter und CFP® bei der Spiekermann & CO AG Foto: V-CHECK

V-Check: So geht Steueroptimiert vererben | NOZ (4)

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Wie weit lassen sich denn die Freibeträge dadurch ausdehnen?

Löbbel:Das ist zunächst abhängig vom Alter und Geschlecht des Schenkenden, denn daraus wird die statistisch verbleibende Lebenserwartung berechnet, die regelmäßig der aktuellen Entwicklung angepasst wird. Das heißt, je jünger desto mehr JahreNießbrauchverbleiben und bei Frauen sind es generell etwas mehr als bei Männern, dank der statistisch höheren Lebenserwartung des weiblichen Geschlechts. Der prognostizierte Ertrag ist abhängig von der jeweiligen Zusammensetzung des Wertpapierdepots und muss aus der Sicht des jeweiligen Finanzamtes realistisch sein. Erfahrungsgemäß könnte zum Beispiel bei einem Dividendenportfolio der jährliche Ertrag im Bereich von drei bis fünf Prozent liegen. Überträgt also etwa eine 50-jährige Frau an eines ihrer Kinder einNießbrauchdepotmit einer jährlichen Rendite von vier Prozent, können so über eine Million Euro steuerfrei übertragen werden, obwohl der eigentliche Freibetrag bei lediglich 400.000 Euro liegt.

Foto: V-CHECK

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Die ausführlichen Antworten zu den Fragen finden Sie hier.

Aber sind junge Begünstigte nicht schnell von einem großen Vermögen überfordert?

Löbbel:Das ist tatsächlich ein ganz wichtiges Thema, denn die Verwaltung und Erhaltung eines größeren Vermögens ist keine ganz einfache Sache. Gerade in jungen Jahren fehlt hier oft die langfristige Perspektive und die Versuchung, das Geld einfach für schöne Dinge auszugeben ist groß. Außerdem ist es auch für den Schenkenden oft wichtig, dass die übertragenen Vermögenswerte noch einen Beitrag zur Gestaltung des eigenen angenehmen Lebensabends leisten. Deswegen macht es in vielen Fällen Sinn, hier vorsorgliche Regelungen zu treffen. Beispielsweise kann Vermögen in einen so genannten Familienpool eingebracht werden, an dem die Kinder sukzessive beteiligt werden, die Eltern aber noch Vetorechte bezüglich der Verfügung über das Vermögen haben. Im Testament sollte zudem eine Testamentsvollstreckung vereinbart werden, falls junge Erben noch minderjährig sind.

Welche Dinge müssen vor der Übertragung geregelt werden?

Löbbel:Zunächst sollten nicht Steuerfragen an erster Stelle stehen, sondern es muss geklärt werden, was der Vermögensinhaber wirklich schon schenken will und kann. Dazu ist es wichtig, sich einen möglichst objektiven Überblick über das eigene Vermögen zu verschaffen und auch Worst Case-Szenarien wie eine teure Pflegesituation oder das vorzeitige Ableben des Beschenkten miteinzukalkulieren. Deswegen empfehlen wir als Vermögensverwalter zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme der individuellen Finanzsituation, die auch die Ruhestandsplanung umfasst. Neben dem Gang zum Steuerberater sollten Nießbrauchinteressierte dann auch einen erfahrenen Anwalt hinzuziehen. Er kann bei der Formulierung eines Schenkungsvertrags helfen, um mögliche Rückfallklauseln für Notfälle einzubauen, wenn zum Beispiel der Beschenkte überraschend verstirbt oder der Schenkende in eine finanzielle Schieflage gerät.

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Checkliste: Diese fünf Fragen sollten Sie sich stellen, bevor ein Depot mit Nießbrauchvorbehalt verschenkt wird:

  • Ist meine finanzielle Sicherheit trotz Schenkung gewährleistet?
  • Ist die Vermögensnachfolgesituation zu 100 Prozent eindeutig?
  • Ist ein Schenkungsvertrag vorhanden?
  • Bietet meine Bank überhaupt Nießbrauchdepots an?
  • Vermögensstruktur mit professioneller Beratung festlegen?

Wie das genau funktioniert und auf was man achten sollte, können Sie hier nachlesen.

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Author: Duane Harber

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Name: Duane Harber

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